Rede zum Doppelhaushalt 2023/2024 von Dr. Christian Pohlmann

FDP stimmt dem Haushalt mit gutem Gewissen zu

30.03.2023 Meldungen FDP-Fraktion im Rhein-Erft-Kreis

Sehr geehrter Herr Landrat Rock,
liebe Kolleginnen und Kollegen Kreistagsabgeordnete,
Mitarbeiter·innen der Kreisverwaltung,
Vertreter·innen der Presse und
liebe anwesende Bürgerinnen und Bürger,

wir befinden uns wieder einmal in schwierigen Zeiten. Haben wir die Coronapandemie gerade einmal nach besten Kräften mit Narben und Schrammen in der Gesellschaft überstanden, so befinden wir uns nun in der nächsten Zeit der Herausforderung. Die Zeitenwende, in der es heißt, dass Demokraten zusammenstehen, um die Ukraine und ihre Bürgerinnen und Bürger im russischen Angriffskrieg zu unterstützen und die Welt der Demokratien ganz besonders hier in Europa vor autokratischen Großmachtsgelüsten zu schützen und zu verteidigen.

Auch wenn wir uns heute hier auf kommunaler Ebene befinden, spüren wir doch auch die Auswirkungen dieses Kampfs für die Freiheit auf der Welt. Die Inflation in Europa und besonders auch in Deutschland ist auch durch unsere Anstrengungen für die Ukraine mit angeheizt worden. Die Wohnungsnot in Deutschland und auch hier in unserer Region ist durch unsere besondere Unterstützung für ukrainische Geflüchtete größer geworden. Und nicht zuletzt die kommunalen Haushalte werden somit indirekt auch durch diesen Kampf für die Freiheit noch weiter belastet. Bei allem üblichen politischen Gezänk ist es notwendig und wichtig, sich zu vergewissern, dass wir hier immer noch in einer Wohlstandsgesellschaft leben und es anderen in direkter Nachbarschaft deutlich schlechter geht.

Wir Deutschen jammern ja gerne auf hohem Niveau. Gerne würde ich damit auch den aktuellen Streit um die Kreisumlage abhandeln. Das würde aber nicht dem gerecht werden, was wir in diesem Streit zwischen Bürgermeistern und dem Landrat mit seiner Kreistagsmehrheit sehen. Einerseits haben die Bürgermeister natürlich in einem recht: Wir sind als Kreis aufgerufen immer weiter und kontinuierlich nach Einsparmöglichkeiten zu suchen.

Dieses Bestreben ist uns als FDP besonders wichtig.

Weshalb ich darauf ausführlicher zum Ende eingehen möchte. Andererseits aber – und damit möchte ich beginnen – haben wir in diesem Gezänk einen Tiefpunkt unserer politischen Kultur hier im Kreis gesehen. Ich stehe hier und kann nicht anders: Ich muss diese Unkultur ansprechen und anprangern. Der Trumpismus hat Einzug gehalten. Fake News und bewusstes Aufstacheln von Bevölkerungsschichten wurde hier im politischen Diskurs genutzt. Statt miteinander zu reden, wird in Briefen beschimpft. Rückgrat wird vergeblich gesucht.

Hinwegsehen kann man bei besonders bescheuerten Auswirkungen der Social-Media-Moderne. Beispielsweise, wenn Bürgermeister sich Facebook-Schlachten liefern und statt den notwendigen Schlaf zu holen um zwei Uhr nachts noch ihre Kritiker angreifen. Von staatsmännischer Größe zeugt das zwar nicht, aber nun ja Bürgermeister sind auch nur Menschen. Was aber nicht geht – und wo ich alleine schon wegen des Mittels von Fake News auch den Widerspruch der Opposition einfordere – ist, wenn ein Bürgermeister hingeht und als Anlage zu einem Abgabenbescheid ein Pamphlet mit falschen Zahlen versendet. Da werden Zahlen einfach mal verdoppelt, mit Kampfbegriffen ,,lhre Steuergelder“ aufgewiegelt und pauschal eigene städtische Einschnitte dem Kreis in die Schuhe geschoben.

Die Krönung hat Bürgermeister Heller aber dann noch aufgesetzt, als er ein demokratisch gewähltes Kreistagsmitglied maximal unter Druck gesetzt hat. Wenn wir auch nur einen Funken Selbstachtung als Kreistagsmitglieder haben, dann sollten wir dem Kollegen Stephan Borst, den Rücken stärken und seine und damit auch unsere Unabhängigkeit als gewählte Vertreter der Bürger verteidigen. Ich fordere Bürgermeister Heller auf, unverzüglich wieder zu einem gesitteten demokratischen Umgang zurückzukehren und solche Angriffe auf demokratische Kultur und gewählte Abgeordnete zu unterlassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, man kann unterschiedlicher Meinung in der Politik sein. Das gilt auch ganz besonders natürlich für Haushaltsberatungen. Dabei aber einen anständigen Umgang zu pflegen, ist in einer Demokratie unabdingbar. Inhaltlich haben Teile der Kreisopposition die Forderungen der Bürgermeister weitgehend übernommen. Lassen Sie mich deutlich darstellen, was passiert, wenn wir dem folgen. Wir würden als FDP ja liebend gerne auf eine Kreisumlage von 31 Prozent oder tiefer kommen. Wenn wir aber die Kreisumlage auf diese 31 Prozent festsetzen würden (und alle SPD-Träume dabei auch noch berücksichtigen) dann wären wir pünktlich, exakt an meinem 44. Geburtstag bei einer Ausgleichsrücklage von 0. Ab diesem Zeitpunkt, dem 04.10.2026 müsste der Kreis alles alles eins zu eins an die kreisangehörigen Städte weitergeben. Sofern die SPD einen Plan hat, dann ist nach diesem Plan ab dem 04.10.2026 eine vernünftige Planungssicherheit nicht mehr gegeben.

Wir brauchen hier gar nicht mehr in die Tiefe gehen. Liebe Freunde der Sozialdemokraten, was Sie fordern, steht diametral entgegen einer soliden Haushaltsplanung wie sie für uns als Freie Demokraten Grundlage jedes politischen Handelns ist. Auf dieser Grundlage solider Haushaltspolitik bauen wir als FDP gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen der bürgerlichen Koalition die Politik auf. Eine Politik, die wir für unseren Rhein-Erft-Kreis in Zeiten des Strukturwandels für grundlegend halten. Wir schaffen die Rahmenbedingungen für bestmögliche Bildung und damit Aufstiegschancen für alle in unserer Gesellschaft. Nur Tage nachdem der IPCC die Politiker der Welt nochmals aufgefordert hat, alles zu unternehmen, damit das Klima nicht über 1,5 Grad steigt, unternehmen wir nochmal mehr Anstrengungen, um den Klimawandel auch mit unseren Mitteln einzudämmen.

Ganz besonderes Augenmerk legen wir dabei auf eine Verkehrswende, die nicht erzwungen, sondern ermöglicht wird. Nicht gegen einzelne Verkehrsteilnehmer, sondern für sie und mit ihnen.
Und weiterhin befähigen wir mit unserer Wirtschaftsförderung den Kreis, seine Wirtschaft, seine Unternehmerinnen und Unternehmer und die bürgerliche Gesellschaft insgesamt, die Strukturwende im Kreis erfolgreich gelingen zu lassen.
Wir verbessern die Bildung im Kreis noch einmal; vor allem in dem wir die Lehrerinnen und Lehrer entlasten. Wir stärken den lT-Support an Schulen durch die Einführung von Schul-Admins. Und wir entlasten sie von Bürokratie, wenn sie mit ihren Klassen mal im Kreisgebiet auf Exkursion gehen wollen; egal ob dies dann in die Abtei Brauweiler oder zum Wasserstoffprojekt Refhyne bei Shell in Wesseling ist. Zudem erweitern wir unser Erfolgsprojekt des Science-Tube, sodass auch Berufsschüler davon profitieren können. Klar betonen möchte ich aber auch, dass wir den Landrat bei seiner Vision eines Hauses der Bildung unterstützen.

Ich verhehle nicht, dass wir manchen Ideen dabei mit einer gesunden Skepsis begegnen.

Aber wenn wir die Strukturwende im Kreis schaffen wollen, dann brauchen wir Fachkräfte. Fast jeder Ansatz für bessere Bildung ist dabei ein guter Ansatz.
Um die Verkehrswende gelingen zu lassen und damit unseren Kampf für ein Leben ermöglichendes Klima zu liefern, modernisieren wir die Busflotte der REVG weiter. Wir werden ein Pendlerkonzept auf den Weg bringen, damit die Anreize für die Autofahrer im Kreis höher werden, spätestens an der Stadtgrenze zu Köln auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Hier möchte ich mich besonders bei meinen grünen Freunden bedanken, die diesen Weg mit uns gehen. Wir werden Anreize für die Kräfte der Kreisverwaltung schaffen mit dem Deutschlandticket klimaschonender zur Arbeit zu kommen. Und letztlich werden wir ebenfalls mit einem wachsamen Blick den Landrat bei seinem Projekt eines Klimaschutz-Förderprogramms begleiten und darauf achten, dass wir hier technologieoffen und innovationsfördernd unterwegs sein werden.

Lassen Sie mich zurückkommen zur Finanzpolitik. Auf allen Ebenen sehen wir, dass es einem Land, einem Staat und auch einer kommunalen Körperschaft guttut, wenn Liberale die Finanzen im Blick halten. Wir werden unseren Finanzminister des Rhein-Erft-Kreises, unseren Kämmerer Martin Gawrisch, dabei unterstützen, eine defensive Austeritätspolitik im Kreis zu fahren. Eine Austeritätspolitik, die mit möglichst wenig zusätzlichen Lasten und mit möglichst viel Einsparungen ausgestaltet wird. Wir haben als FDP in jedem Haushalt nach möglichen Einsparpunkten gesucht. Ich bin dankbar, dass der Landrat und seine Verwaltung einige unserer Punkte auch bei diesen Haushaltsberatungen aufgegriffen hat. Sowohl bei Investitionen in die kreiseigenen Liegenschaften als auch beim Rhein-Erft-Marathon wurden Vorschläge der FDP übernommen.

Insbesondere bei zwei Punkten sehen wir Liberale die Notwendigkeit für mehr Kostenkontrolle. Die Hinweise des Kämmerers und des Landrats zu den ausufernden Kosten im Bereich der schulischen Inklusion (Drucksache 75/2023) werden wir in den kommenden Monaten zum Anlass nehmen, um hier im Hause nach Optimierungen zu suchen. Wenn wir in diesem Gebiet nicht intelligentere Wege finden, Inklusion zu ermöglichen, dann wird uns dieser Bereich künftig ähnlich stark belasten wie der Bereich „Kosten der Unterkunft“.
Auch und gerade bei den Kosten der Unterkunft müssen wir noch einmal kritisch nachschauen, ob das schlüssige Konzept nicht verbessert werden kann. Es war gut, dass wir hier zumindest über einige Jahre eine Kostenkontrolle realisieren konnten. Dass dies von gerichtlicher Seite einkassiert worden ist, schmerzt; es darf uns aber nicht daran hindern weiter nach Einsparpotenzialen zu suchen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP wird diesem Haushalt heute zustimmen. Wir wissen, dass es für die kreisangehörigen Kommunen nicht einfach sein wird. Wir können diesem Haushalt aber mit gutem Gewissen zustimmen, weil unser Blick auf die vergangenen Jahre und die Zukunft nicht von dem aktuellen Gezänk getrübt ist. Wir haben mit den Landräten Stump und Kreuzberg und unseren Partnern der bürgerlichen Koalition über Jahre geschafft, dass wir von über 40 Prozent Kreisumlage auf knapp über 30 Prozent herunterkommen. Das ist eine Leistung, die von anderen Mehrheiten sicherlich nicht zu Stande gebracht worden wäre. Wir werden diesem Haushalt heute auch mit guten Gewissen zustimmen, weil wir weiter die notwendigen und richtigen Grundlagen für eine gute Zukunft im Rhein-Erft-Kreis, einem Kreis in Zeitenwende und Strukturwende, legen.

Dem Landrat und dem Kämmerer sowie ihrem Team, meinen bürgerlichen Freunden von CDU und Grünen und auch allen an der Sache orientierten und mit Fairness agierenden Demokratinnen und Demokraten sage ich Danke für die guten Haushaltsberatungen.

Wir als FDP stimmen dem Haushalt mit gutem Gewissen zu.

Vielen Dank

			

				
				

Dr. Christian Pohlmann

Vorsitzender der FDP Rhein-Erft, Vorsitzender der FDP-Kreistagsfraktion

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