Rede zur Verabschiedung des Haushaltes 2025/2026

18.12.2024 Meldungen FDP-Fraktion im Rhein-Erft-Kreis

Sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir verabschieden heute den Doppelhaushalt 25/26. Dieser heutige Tag wird damit vermutlich ein historischer Tag werden. Eine Kreisumlage von unter 30 % wird mit hoher Wahrscheinlichkeit niemand von uns ein zweites Mal mehr erleben.

Dass wir die Umlage kontinuierlich senken konnten, ist der Verdienst der kontinuierlichen und gewissenhaften Arbeit dieser Koalition von CDU, Grünen und uns als FDP. Aber natürlich auch von Landrat Frank Rock, Kämmerer Martin Gawrisch, ihrem gesamten Team und natürlich auch ihren Vorgängern Michael Kreuzberg, Werner Stump und Hans-Hermann Tirré. Wir haben hier im Rhein-Erft-Kreis ein Vierteljahrhundert solide Kreisfinanzen verantwortet und Schuldenfreiheit des Kreises zum ungeschriebenen Grundsatz unserer Kreisverfassung erhoben. Dafür möchte ich allen Partnern danken.

Was nun haushalterisch und politisch folgt, dass wird das unentdeckte Land sein. Nicht das ‚Unentdeckte Land‘ nach William Shakespeare, sondern nach Gene Roddenberry:

eine neue, andere Zukunft – eine Zukunft, von der wir tatsächlich nicht wissen, wie sie aussehen wird.

  1. Ohne dem Wähler den notwendigen Respekt verweigern zu wollen: Im Frühjahr wird aller Voraussicht nach der zehnte Bundeskanzler unseres Landes vereidigt werden: Friedrich Merz. Jedenfalls wenn Söder ihm nicht noch in den Rücken fällt.
    SPD, Grüne und FDP – und das kann ich bei all dem Zwist der letzten Wochen auch durchaus einmal lobend erwähnen – haben vielen gesellschaftspolitischen Reformen für die Menschen hier und für unser Land geleistet. Mit wem auch immer die Union künftig regieren wird, es wird eine Regierung sein, die nun die Wirtschaftswende wird schaffen müssen. Und das ist nun tatsächlich mal alternativlos. Eine Wende, die auch wir hier spüren werden. Und ungeachtet dessen werden wir hier bei uns in den nächsten Jahren die ersten tatsächlichen Veränderungen durch den Strukturwandel sehen.
  2. Wir sehen in diesen Tagen die Chance für ein Ende einer der beiden zentralen Fluchtursachen der letzten zehn Jahre: Das Ende des Assad-Regimes in Syrien. Sind Regimewechsel eigentlich immer die Ursache von Bürgerkriegen und Migrationsbewegungen, so kann dies tatsächlich hier einmal anders sein.
    Ich halte es zwar für zutiefst unsozial und auch kein Ausdruck der Nächstenliebe, dass Jens Spahn unmittelbar die Rückführung von Syrern fordert. Vielmehr sollten wir froh und glücklich über jene sein, die hier bei uns Arbeiten, unsere Wirtschaft voranbringen und gut integriert sind. Aber klar dürfte auch sein, dass nicht wenige die Chance nutzen möchten und ihre Heimat wieder aufbauen wollen. Der Migrationsdruck, der Druck auf unsere Sporthallen, auf unsere Gesellschaft, die uns zumindest an die Grenze der physischen und auch emotionalen Leistungsfähigkeit geführt hat, dieser Druck könnte tatsächlich nun seinen Höhepunkt bereits gesehen haben.
  3. Wir werden in 39 Tagen die zweite Amtszeit des mächtigsten Disruptoren der Welt sehen: Donald Trump. Was mit ihm kommen wird, ist weitgehend ungewiss. Wird es einen transatlantischen Handelskrieg geben? Und werden wir damit weitere Belastungen hier vor Ort spüren? Oder – und das muss man auch in Betracht ziehen, wenn man diese Person so verachtet, wie viele von uns hier – kann sein Ziel der Befriedung des russisch-ukrainischen Krieges womöglich tatsächlich gelingen? Bei aller Abneigung gegen diese Person und auch bei aller umfassenden Unterstützung für die Ukraine – selbst wir hier haben über unsere polnischen Partner die Ukraine mittelbar unterstützt – die Option, dass Trumps Ziel aufgehen könnte, nicht in Betracht zu ziehen, wäre töricht. Und damit kann seine zweite Präsidentschaft eben auch einen positiven Effekt für uns haben. Denn kommt es zu einem belastbaren russisch-ukrainischen Frieden, dann mindert sich auch die zweite der zentralen Fluchtursachen.

Und letztlich, was unseren eigenen Kreis direkt und unmittelbar angeht: Durch den fiktiven Haushaltsausgleich mittels Abbau der Ausgleichsrücklage schaffen wir zwar, die Umlage unter 30 % zu senken. Gleichwohl können wir dieses Instrument kein zweites Mal einsetzen. Unser Pulver zur kommunalen Entlastung ist mit diesem Doppelhaushalt verschossen.

Die Belastung der Kommunen ab 2027 wird somit unweigerlich steigen.

Die nächsten Haushaltsberatungen müssen zu Sparberatungen werden. Anders werden wir keine Möglichkeit haben, den Städten weiter Entlastungen zu ermöglichen.

Mit diesen Haushaltsberatungen können wir als FDP zufrieden sein.

Wir schaffen den Einstieg in die Nutzung der künstlichen Intelligenz in der Verwaltung. Wir überlassen unseren Genossen gerne die Skepsis, was diese neue Digitalisierung angeht. Eine Bachelorarbeit, die den begrenzten Nutzen von künstlicher Intelligenz nachweist, haben Sie ja bereits vorliegen. Sie übernehmen damit eine technologiekritische Rolle, die sonst gerne unsere grünen Freunde übernehmen.

Sehr geehrter Herr Landrat, nutzen Sie bitte auch die Möglichkeiten, die wir Ihnen mit diesem Haushalt geben. Sie tun gut daran, wenn sie denjenigen in Ihrer Verwaltung, die diese Technologie nutzen wollen, dies auch ermöglichen. Das gilt von den Angestellten, bis hin zu ihrem Verwaltungsvorstand. Wir wissen, dass wir gute klassische Verwaltungsführungskräfte in unseren Reihen haben. Was aber die Möglichkeiten der neuen Digitalisierung angeht, sollten wir, sollte Sie jenen Kolleginnen und Kollegen vertrauen und auch die Verantwortung übertragen, die Digital Natives sind. Lieber Herr Landrat, es wäre deshalb sinnvoll die strategisch-organisatorische Planung der Digitalisierung inkl. des Einsatzes von künstlicher Intelligenz dem Dezernenten Torsten Heerz zu übertragen, er muss schließlich auch die Umsetzung sicherstellen.

Wir schaffen auch eine Verbesserung im ÖPNV. Ich möchte mich auch hier nicht nur bei Walter Reinarz und Martin Gawrisch bedanken, sondern ebenfalls unserem Gutachter bei der Nahverkehrsplanerstellung und natürlich den vielen tagtäglich für unsere Menschen fahrenden Busfahrerinnen und Busfahrern der REVG, der Subunternehmen und allen weiteren Angestellten der REVG. Ohne ihr Engagement wären die unzähligen Verbesserungen im ÖPNV nicht möglich. Sie ermöglichen uns einen vernünftigen Beitrag zur Verkehrswende, geben ein Beispiel für die Zuverlässigkeit im ÖPNV ab und helfen auch ganz direkt Mobilität neu zu leben.

Und als letzten Punkt möchte ich die wichtigen und präzisen Beiträge zum Strukturwandel und einer Wettbewerbsbefähigung unserer Wirtschaft hier vor Ort betonen. Sowohl durch die unzähligen bildungspolitischen Maßnahmen als auch die Förderung der MINT-Berufe über unsere Wirtschaftsförderung, und dann natürlich auch den vielen Beiträgen des Kreises beim Gelingen lassen des Strukturwandels werden wir unserer Verantwortung für eine gute Zukunft der Menschen hier bei uns im Kreis und im Rheinischen Revier gerecht.

Heute also wird die FDP dem vorerst letzten Entlastungshaushalt ihre Stimme geben. Wir tun das wohlwissend, dass wir damit unser Bestes tun werden, um ein gutes, noch unentdecktes Land zu gestalten.

Für uns als FDP bleibt künftig der Auftrag, nach allen Möglichkeiten der Konsolidierung und Einsparung zu suchen. Diese Phase wird spätestens mit den nächsten Haushaltsberatungen beginnen, eigentlich aber schon am 01. November 2025 und sicherlich auch im Wahlkampf, den wir Demokratinnen und Demokraten im Sommer werden führen werden.

Vielen Dank.

			

				
				

Dr. Christian Pohlmann

Vorsitzender der FDP Rhein-Erft, Vorsitzender der FDP-Kreistagsfraktion

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